Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen

Die Arbeit resultiert aus einer Performance im Jahr 2016, bei der ich öffentlich im straßenseitig einsichtigen Ausstellungsraum gelebt habe.

Jeden Morgen habe ich die Kamera mit einer korrekten Belichtungsdauer von 1 s in den Himmel gerichtet. Die Verschlusszeiten variierten sodann nach der Anzahl der Menschen, die an den jeweiligen Tagen an den Grenzen der Festung Europa gestorben sind. Je dunkler das Bild, desto mehr Opfer gab es. Tage, an denen in internationalen Pressespiegeln keine Opferzahlen angeführt werden, erscheinen im neutralen Grauton der korrekten Belichtung.

Es wird pro Bogen ein Monat im Zeitraum von Juli 2014 bis Dezember 2015 dargestellt.

Ein weiterer zentraler Strang war die Fertigung der Kontaktabzüge der Filme, die in einem eigens dafür ebenfalls im Ausstellungsraum errichteten Armee-Dunkelkammerzelt erfolgte. Alle Arbeitsschritte von der Erstellung der Bilder über die händische Entwicklung bis zur analogen Ausarbeitung der Prints geschahen öffentlich und unmittelbar vor Ort.

Der Titel stammt von Österreichs ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz, der diesen Ausspruch anlässlich eines Interviews in seiner damaligen Funktion als Außenminister im Jänner 2016 getätigt hat.

18 handgefertigte Silbergealtineabzüge, 24 x 30 cm
Dunkelkammerzelt der deutschen Bundeswehr

Das Meer ist auch indirekt Thema von Kerstin Pflegers Serie Es wird nicht ohne hässliche Bilder gehen. Die analogen Einzelbilder bilden eine Visualisierung offizieller Statistiken der Todeszahlen im Mittelmeer während der „Flüchtlingskrise“ des Jahres 2015. Im Gegensatz zur ikonischen Fotografie des toten dreijährigen Aylan Kurdis am Strand, zeigt Pfleger keine Leichen, sondern hält ihre Bilder in abstraktem schwarz-weiß-grau. Je dunkler die Fotografie, desto mehr Todesopfer wurden an jenem Tag verzeichnet. Der Titel basiert auf einer Aussage von Sebastian Kurz (damals Außenminister, heute Bundeskanzler). Eine zynische Bestätigung der humanistisch zutiefst bedenklichen Tatsache, dass die Tode von Menschen, die dazu gezwungen waren vom Krieg zu fliehen, von vielen Europäer*innen als „Kollateralschaden“ wahrgenommen wurden. Pfleger scheint den vielen namenlosen Toten des Mittelmeers, die sich auf die gefährliche Reise in der Hoffnung auf ein besseres Leben machten, ein Denkmal zu setzen. Eine Erinnerung an sinnlose Tode, die durch eine weniger restriktive Immigrationspolitik verhindert hätten werden können.

 Amila Softić und Agnes Rameder (anlässlich der Ausstellung Gespaltene Welt, 2020)

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Hon'yaku (翻訳)

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Krawalle und Liebe